Gerhard Schröder
„Ich habe am eigenen Leibe erfahren, was es bedeutet, sich Chancen erkämpfen zu müssen. Deshalb weiß ich sehr genau, was Gerechtigkeit bedeutet, wie wichtig Bildungschancen sind, und was es heißt, eine sichere und gerechte Zukunft für alle zu schaffen.“
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich schon im Alter von 19 Jahren in der SPD politisch engagiert, nicht aus Familientradition oder um in der Politik Karriere zu machen, sondern: „Ich wollte, dass es mir, meiner Familie und Leuten wie uns besser geht. Und ich wusste, dass das nur zu erreichen war, wenn es allen besser geht, wenn es mehr Chancen und mehr Gerechtigkeit gibt.“ Der siebte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hat nie vergessen, wo er herkommt.
Kindheit in der Nachkriegszeit
Gerhard Schröder wird 1944 im lippischen Mossenberg geboren. Seinen Vater Fritz lernt der Junge nie kennen - er fällt kurze Zeit nach Gerhards Geburt als Soldat in Rumänien. Das Grab des Vaters wird erst im Jahr 2000 zufällig in Rumänien entdeckt. Seine Mutter nennt Gerhard Schröder bis heute „Löwe“, „weil sie sich und uns Kinder buchstäblich mit Zähnen und Klauen durchgebracht hat: Sie hat uns mit Putz- und Hilfsarbeiten über Wasser gehalten. Es war völlig ausgeschlossen, mich etwa zur Oberschule zu schicken. Aber sie hat nie aufgegeben. Und ich habe ihr geschworen, dass ich ihr das, was sie für uns getan hat, zurückgeben werde.“
Das ist ein Grund, warum Gerhard Schröder als Bundeskanzler solchen Wert auf eine Familienpolitik legt, „die sich wirklich auszahlt.“ Für ihn ist das keine Frage der Ideologie, sondern der praktischen Erfahrung: „Die Gesellschaft muss gerade die Mütter unterstützen, die es nicht von vorn herein leicht haben: Damit ihre Kinder, für die sie alles tun wollen, ihre Begabungen auch verwirklichen können.“
Vom Einzelhandelskaufmann zum Rechtsanwalt
Gerhard Schröder macht eine kaufmännische Lehre, arbeitet im Eisenwarenhandel, bis er schließlich von der „damals noch seltenen“ Möglichkeit erfährt, Schulabschlüsse im Abendstudium nachzuholen. Auf diesem „Zweiten Bildungsweg“ macht er zunächst den Realschul-Abschluss und dann das Abitur.
1966 beginnt er in Göttingen mit dem Jura-Studium, das er 1971 mit dem Ersten Staatsexamen abschließt. Nach Referendariat und Zweitem Staatsexamen lässt er sich 1976 als Anwalt in Hannover nieder. 1978 wird Gerhard Schröder zum Vorsitzenden der Jungsozialisten (Jusos) in der SPD gewählt. Es gelingt ihm, die zerstrittene Jugendorganisation weitgehend zu einen und der Mutterpartei anzunähern, wenn auch nicht ohne kritische Distanz: Als letzte Amtshandlung im Juso-Vorsitz sorgt er 1980 dafür, dass der Bundeskongress der Jungsozialisten geschlossen ins „Anti-Atom-Dorf“ nach Gorleben fährt, um seine Sympathie mit dem Protest gegen Kernenergie und Wiederaufbereitung von Atommüll zum Ausdruck zu bringen.
Es sollte weitere 20 Jahre dauern, bis eine Bundesregierung den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie beschloss. Geführt wurde diese Bundesregierung von Gerhard Schröder.
Wahl in den Bundestag
1980 wird Gerhard Schröder mit 50,0 Prozent der Erststimmen seines Wahlkreises Hannover-Land in den Deutschen Bundestag gewählt. Seine „Jungfernrede“ hält er in der Debatte über „Jugendprotest im demokratischen Staat“. Als erster Abgeordneter in der Geschichte des Bundestages tritt er dabei ohne Krawatte ans Pult, um deutlich zu machen, „wie weit sich die Politiker mit ihren formalen Vorstellungen von Anstand und Würde von der Lebenswirklichkeit der Jugendlichen entfernt“ hatten.
Während 1982 CDU/CSU und FDP die Bundesregierung übernehmen, setzt Gerhard Schröder seine politische Laufbahn im heimatlichen Niedersachsen fort. 1983 wird er zum Vorsitzenden des SPD-Bezirks Hannover gewählt, 1986 tritt er als SPD-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl an und unterliegt denkbar knapp. 1990 wird er schließlich in einer Koalition mit den Grünen zum niedersächsischen Ministerpräsidenten gewählt: ein Amt, in dem er bei den Wahlen 1994 und 1998 jeweils mit absoluter Mehrheit bestätigt wird.
Regieren mit Verantwortung
In der Regierungsverantwortung in Niedersachsen konzentriert sich Gerhard Schröder auf die Modernisierung der Wirtschaft, eine Politik der Nachhaltigkeit in Ökologie und Ökonomie sowie auf die Reform der Verwaltung. Schon hier wird das Regieren durch Herstellung breiter gesellschaftlicher Mehrheiten, eine „Politik des Diskurses und der Konsensbildung“, zu Schröders typischem Politikstil. Herausragende Beispiele sind der Beginn der Gespräche über eine geordnete Beendigung der Kernenergie-Nutzung, die schließlich im Jahr 2000 unter Schröders Kanzlerschaft erfolgreich abgeschlossen werden. Die Reform der öffentlichen Verwaltung hin zu einem dienstleistungsorientierten Staat, der „an der Seite der Bürger steht, statt ihnen vor der Nase zu sitzen“, kommt in Gerhard Schröders Regierungszeit in Niedersachsen entscheidend voran. Mehrfach macht sich der Ministerpräsident auch durch unorthodoxe Maßnahmen direkt um die Rettung von Arbeitsplätzen verdient (DASA Lemwerder, Salzgitter Stahl).
Wahl zum Bundeskanzler
Am 27. September 1998 gewinnt die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Gerhard Schröder die Wahl zum 14. Deutschen Bundestag. Mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen wird er am 27. Oktober 1998 im Bundestag zum siebten deutschen Bundeskanzler gewählt. Vom 12. April 1999 bis zum 21. März 2004 ist Gerhard Schröder auch Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.
Schon im ersten Jahr als Bundeskanzler hatte Gerhard Schröder eine schwerwiegende außenpolitische Entscheidung zu treffen, die für Deutschland eine Zäsur bedeutete: die Entsendung von Bundeswehr-Soldaten, um die systematischen Menschenrechtsverletzungen des Milosevic-Regimes im Kosovo zu beenden. „In meinem gesamten politischen Leben ist mir keine Entscheidung so schwer gefallen wie diese“, hat der Kanzler später bekannt. „Aber das Engagement im Kosovo entsprach unserer gewachsenen internationalen Verantwortung, nachdem wir unsere nationale Souveränität zurück erlangt hatten. Und es war klar, dass unsere politischen Initiativen ohne ein militärisches Engagement keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätten.“
Gerhard Schröders Regierungszeit steht außenpolitisch für einen grundlegenden Wandel: Deutschland hatte in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg lange Zeit nur geringe internationale Verantwortung übernommen. Nach der Wiedervereinigung nimmt die Bundesrepublik nun gemeinsam mit ihren Bündnispartnern jene Verantwortung in der Welt wahr, die ihrer neuen Rolle entspricht: für Menschenrechte, für Friedenssicherung und für nachhaltige Entwicklung.
Lebenslauf
1944 geboren am 7. April 1944 in
Mossenberg/ Lippe
1959 - 1961 Lehre als Einzelhandelskaufmann
1962 - 1964 Abendschule mit Abschluss der Mittleren Reife
1964 - 1966 Kolleg des zweiten Bildungsweges mit Abitur
1966 - 1971 Jura-Studium an der Universität Göttingen
1972 - 1976 Referendarzeit und Zweites
Juristisches Staatsexamen, Zulassung als Rechtsanwalt
1978 - 1990 Selbständiger Rechtsanwalt in Hannover
1963 Eintritt in die Sozialdemokratische Partei
Deutschlands (SPD)
1978 - 1980 Bundesvorsitzender der Jungsozialisten in der SPD
1980 - 1986 Mitglied des Deutschen Bundestages
Seit 1986 Mitglied des Parteivorstandes der SPD
Seit 1989 Mitglied des Präsidiums der SPD
1986 - 1990 Vorsitzender der SPD-Fraktion im
Niedersächsischen Landtag
1990 - 1998 Ministerpräsident des Landes Niedersachsen
1994 - 1998 Vorsitzender des SPD-Landesverbandes Niedersachsen
1999 - 2004 Parteivorsitzender der SPD
seit 1998
Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland
Koalition-MCBurger - 8. Sep, 18:45